Der Krieg gegen das eigene Volk geht weiter
Naturkatastrophen können Gutes schaffen, wenn Feinde über gemeinsamem Leid das Verbindende erkennen. Das verheerende Erdbeben von Van und Ercis im kurdischen Kernland, bei dem mehr als 600 Menschen den Tod fanden, Hunderte verletzt und Tausende obdachlos wurden, hätte im Kurdenkonflikt der Türkei eine solche Chance sein können. Für einen kurzen Moment sah es auch so aus: Fast das gesamte Kabinett von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan eilte ins Krisengebiet, um die „kurdischen Brüder und Schwestern“ seiner Hilfe zu versichern. Eine ungeahnte Welle der Solidarität erfasste die Westtürkei. Den „Duft von Bruderschaft“ erkannte der Chef der Kurdenpartei BDP, Selahattin Demirtas, und zog im Parlament einen Misstrauensantrag gegen Innenminister Idris Naim Sahin zurück, dem seine Partei die Verhaftung von 1500 ihrer Funktionäre vorwirft.
Dann aber machten die Hardliner klar, dass sie an Solidarität und Frieden nicht einmal in der Stunde der Not interessiert sind. Das türkische Militär lud weiter Bomben über Stellungen der verbotenen Kurdischen Arbeiterpartei PKK im Nordirak ab; die Verhaftungswelle der Justiz gegen kurdische Politiker und andere Oppositionelle erreichte einen neuen Höhepunkt, als der bekannte Istanbuler Verleger Ragip Zarakolu und der BDP-Vize Erkan Piskin am vergangenen Wochenende festgenommen wurden.
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