Stellungnahme zu Ihrer Veranstaltung „Kurdisches Leben in NRW"
An die Bündnis90 Grüne-
wir haben über Umwege von Ihrer Veranstaltung „Kurdisches Leben in NRW" erfahren und möchten dazu Stellung nehmen.
Ihre Veranstaltung übersieht die seit vielen Jahren in NRW aktiv für die Integration und Rechte der KurdInnen arbeitenden Selbstorganisationen und Persönlichkeiten und überrascht uns. Es war bisher üblich, mit den Migrantenselbstorganisationen in NRW zu kommunizieren und zusammenzuarbeiten. Dieses Interesse scheint die Grüne Fraktion nicht mehr zu haben.
Die Veranstaltung, die Sie am 13. Januar 2012 im Landtag durchführen werden, stellt bedauerlicherweise einen Tiefpunkt der Kurdenpolitik der NRW-Grünen dar. Wir möchten Ihnen an einigen Punkten erklären, warum.
Der alte Mann auf dem Flyer soll offenbar „die Kurden" symbolisieren. Diese folkloristische Darstellung dient der Stigmatisierung von Kurdinnen und Kurden als „Rückständige" und hat nichts mit dem von Ihnen gewählten thematischen Schwerpunkt Kultur und Integration von KurdInnen in NRW zu tun.
Im Programm suchen wir leider vergeblich nach migrationspolitischen Themen von KurdInnen in NRW und ihren Akteuren. Malva und Dilshad Said leben in Österreich, Sivan lebte lange in Schweden und hält sich durch seine Stiftung nun häufiger in Bonn auf. Die Bedeutung von Sivan Perwer für die kurdische Identität ist unbestritten. Doch keiner dieser drei Herren wird etwas Inhaltliches zum Thema „Kurdisches Leben in NRW" beitragen können.
Wo sind in ihrem Programm die kurdischen Fachleute, die in der Integrationsarbeit in Bildungseinrichtungen, in sozialen Einrichtungen, in der Frauen-und Jugendarbeit tätig sind und mit Fachwissen Ihre Veranstaltung bereichern können? Warum haben Sie diese nicht als Gesprächsteilnehmer eingeladen?
Im zweiten Teil ihres Programms haben sie mit Cengiz Candar und Mehmet Altan zwei türkische Journalisten, nicht Schriftsteller wie von Ihnen angekündigt, eingeladen, die in der Türkei leben und nicht nur unter Kurden mit ihren Positionen höchst umstritten sind. Was können diese beiden Männer zur Rolle der kurdischen Literatur in der Diaspora sagen? Sie kennen die Diaspora nicht. Sie kennen auch das Thema Integration nur vom Hörensagen, weil sie nicht in der Diaspora leben und arbeiten, weil sie keine Migrationserfahrung haben.
Mustafa Erdogan bringt als „Generaldirektor" von „Sultans of Dance" eine tolle Show auf die Bühne und ist auch kurdischer Herkunft, aber ist bisher noch nicht mit Positionen zum Thema „Kurden" aufgefallen. Es gibt in NRW so viele gute, qualifizierte kurdische Schriftsteller und kurdische oder deutsche Literaturwissenschaftler, die qualifiziert zum Thema sprechen können. Warum haben Sie diese nicht als Gesprächsteilnehmer eingeladen?
Diese Veranstaltung ist eine Alibiveranstaltung und ein Tiefpunkt der Grünen Kurdenpolitik. Das kurdische Leben in der Diaspora wird nicht durch den sogenannten „Arabischen Frühling" beeinflusst, sondern durch den „Türkischen Winter"!
Erdogans „Kürt Acilimi", „Kurdische Offensive", von der sich viele Kurden demokratische Rechte erhofft haben, hat sich zu einer Militäroffensive entwickelt, zu einem Feldzug gegen das kurdische Volk. Die heuchlerische Kurdenpolitik Erdogans, respektive Fethullah Gülens, setzt auf die Vernichtung der Kurden, die sich nicht assimilieren lassen, und hat zuletzt am 28. Dezember 2011 in Roboski (Uludere, Sirnak) 35 zivile Todesopfer gefordert.
Vor diesem Hintergrund können wir Ihre „Veranstaltung" nur als eine Verhöhnung der Kurden in NRW und ihrer Opfer verstehen.
Quelle: http://rojevakurdistan.com/index.php/component/content/article/45-guenc…