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Helfen Sie den Kurden in der Türkei – dem Nato-Partner droht ein Aufstand _ Offener Brief an Guido Westerwelle

Sehr geehrter Herr Minister,
Sie haben Ihre Solidarität mit den Demokratiebewegungen im Nahen Osten Ausdruck verliehen, nicht zuletzt durch Kurzbesuche in Tunis und Kairo am 12. und 24. Februar 2011. Unsere Menschenrechtsorganisation sorgt sich um die Zukunft weiterer Länder und das Schicksal dort ansässiger großer nationaler Minderheiten.
Von der Weltöffentlichkeit bisher kaum wahrgenommen, gibt es auch in der Türkei große Demonstrationen und Proteste. Vor allem im Südosten des Landes versammeln sich die Menschen in fast allen mehrheitlich von Kurden bewohnten Städten und Gemeinden fast täglich zu Kundgebungen und Mahnwachen. Auf zentralen Plätzen schlagen sie „Zelte für eine demokratische Lösung“ auf. So versucht zurzeit die größte politische Bewegung der Kurden in der Türkei, die Partei für Frieden und Demokratie (BDP), vier längst überfällige und urdemokratische Forderungen für die fünfzehn Millionen kurdischen Staatsbürger durchzusetzen.
Unterstützt von einer täglich wachsenden Menge Hunderttausender fordert die BDP:
1. die Freilassung aller kurdischen politischen Gefangenen, darunter 100 gewählte kurdische Volksvertreter, davon neun Bürgermeister. 2. die Anerkennung und Gleichberechtigung der kurdischen Sprache in Kindergärten, Schulen und Universitäten sowie bei Behörden im gesamten kurdischen Sprachgebiet 3. die Beendigung aller militärischen Operationen gegen die Zivilbevölkerung in der Südost-Türkei 4. die Aufhebung der Verbote aller kulturellen und politischen Institutionen im türkischen Kurdistan sowie die Aufhebung der auf die Gesamttürkei bezogenen 10-Prozent-Sperrklausel für das türkische Parlament .
Es ist unerträglich, dass in den Gefängnissen des NATO-Staates Türkei bis heute allein 7 000 kurdische Frauen und Männer und unter ihnen nicht zuletzt 3 000 Kinder und Jugendliche als politische Gefangene inhaftiert
sind. Genauso bedrückend ist, dass selbst europäische Parteien, die mit der Aufnahme der Türkei in die EU sympathisieren, hinnehmen, dass 3 876 von der türkischen Armee zerstörte kurdische Dörfer noch in Trümmern liegen.
Vergeblich warten mehrere hunderttausend Menschen auf Wiederaufbau und Rückkehrmöglichkeit. Dass eine Reihe türkischer Intellektueller nur deshalb verfolgt wird, weil sie in Publikationen und Büchern die bedrückende Situation im türkischen Kurdistan darstellten, müsste jeden Europäer empören.
Die türkischen Sicherheitskräfte versuchen, die Proteste in der Südosttürkei gewaltsam zu unterbinden. Am Montag wurde die Bürgermeisterin der kurdischen Stadt Nusaybin in der Provinz Mardin nahe der Grenze zu Syrien schwer verletzt, als Sicherheitskräfte während einer friedlichen Demonstration mit Schlagstöcken auf sie losgingen.
Sehr geehrter Herr Minister, wir bitten Sie dringend, sich laut und deutlich für die Anerkennung und Stärkung der kurdischen Bewegung auszusprechen und somit einen weiteren drohenden Bürgerkrieg zu verhindern.
Bitte erheben Sie Ihre Stimme vor Ort, wie zuvor in Tunis und Kairo. Begeben Sie sich in die „heimliche Hauptstadt“ der Kurden Diyarbakir.
Mit freundlichen Grüßen
Tilman Zülch
Präsident der Gesellschaft für bedrohte Völker International
(erreichbar unter Tel 0151 153 09 888)
PS: Wir erlauben uns, dieses Schreiben in deutscher, englischer und
türkischer Sprache zu veröffentlichen und Politikern und Medien in
Europa, in den USA, Kanada, Australien und in der islamischen Welt
zukommen zu lassen.
--
>>>>>>>>>>>>> Für Menschenrechte. Weltweit. <<<<<<<<<<<<<<<
Gesellschaft für bedrohte Völker / Society for Threatened Peoples
P.O. Box 20 24 - D-37010 Göttingen/Germany
Nahostreferat/ Middle East Desk
Dr. Kamal Sido - Tel: +49 (0) 551 49906-18 - Fax: +49 (0) 551 58028
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