Mutmaßliches Kriegsverbrechen an 24 Guerillas
Am 22.10.2011 wurden in der Nähe der kurdischen Kleinstadt Çelê (Çukurca) vom türkischen Militär mindestens 24 Guerillas der kurdischen Volksverteidigungskräften HPG getötet worden. Bei dem Angriff auf die Guerillaeinheiten gibt es deutliche Hinweise und Zeugenaussagen, die auf einen Einsatz chemischer Waffen und damit ein Kriegsverbrechen der türkischen Armee hinweisen. Die Körper der 24 Gefallenen lagern im Moment in der Gerichtsmedizin in Malatya. Nach Aussagen von Familienangehörigen, welche die Leichen in Augenschein genommen haben, sind die Körper der Gefallenen schwer verkohlt. Dies unterstützt auch die AugenzeugInnenaussagen der Guerilla die behaupten, dass das türkische Militär habe Napalm und Chemiewaffen eingesetzt. Bei vielen der Toten fehlen auch Organe und Körperteile.
Die HPG hatte erklärt, dass sie zu einer 35-köpfigen Guerillagruppe zwischen dem 22. und dem 24.Oktober nach schweren Luftangriffen durch die türkische Armee, mit Einsatz chemischer Waffen, den Kontakt verloren habe:
„Ein großer Teil einer 35-köpfigen Einheit unserer Guerilla, von unseren Kräften in der Region Colemêrg und Çelê, ist im Rahmen von Luftangriffen und verschiedenen benutzten Waffentypen gefallen. Aufgrund des Einsatzes tonnenschwerer Bomben sind etliche unserer FreundInnen getötet worden. Trotzdem leisteten Andere noch zwei Tage lang mutigen Widerstand gegen die faschistischen, feindlichen Einheiten und fielen in dieser Auseinandersetzung. Der Widerstand dieser FreundInnen überraschte den Gegner. Es war erst durch den Einsatz verbotener Waffen möglich, unsere FreundInnen umzubringen.“
Weiterhin liegen ZeugInnenaussagen der HPG zum Einsatz chemischer Waffen vor: „Aussagen von FreundInnen, die ebenfalls an der Auseinandersetzung beteiligt waren und ihre Einheiten dennoch wohlbehalten erreichen konnten und unsere Untersuchungen belegen, dass das Besatzerheer der Türkei internationale Abkommen und das Kriegsrecht durch den Einsatz etlicher verschiedener illegaler Waffen brach. Kriegsflugzeuge, Kobra-Hubschrauber, Panzer. Artillerie und Mörser haben tagelang, pausenlos bombardiert und dabei Napalmbomben eingesetzt. Es wurden auch Spuren chemischer Waffen entdeckt. Die chemischen Waffen, die mittlerweile einen Klassiker des türkischen Militärs darstellen, verschwanden auch nach tagelangen Regen und Schneefällen nicht. Der momentane oberste Kommandant des Heeres, Necdet Özel, der aufgrund seiner Taktiken von der kurdischen Bevölkerung als Chemie Necdet bezeichnet wird, hat mal wieder seinem Namen alle Ehre gemacht.“
Die HPG rief alle Menschenrechtsorganisationen und demokratischen Einrichtungen und Institutionen dazu auf, den Einsatz chemischer Waffen in diesem Rahmen zu untersuchen.
Der Vater der gefallenen Guerilla Ebru Muhikanci erklärte, nachdem ihm die Leiche seiner Tochter in Malatya übergeben worden ist, dass alles darauf hindeutet, dass die Guerillas mit Chemiewaffen umgebracht worden sind. Er erklärte, dass an dem zur Unkenntlichkeit verbrannten Körper seiner Tochter keinerlei Einschussspuren zu finden gewesen seien. Er erklärte weiter „Die Körper unserer Kinder sind in Kohle verwandelt worden.“ Die anderen Körper in der Leichenhalle seien in ähnlichem Zustand.
Der Mesopotamische Verein zur Unterstützung der Familien die Angehörige verloren haben erklärte zum Ereignis: „Dass die 24 Guerillas zusammen mit chemischen Waffen umgebracht worden sind, wurde schon von den Familien ermittelt.“
In vielen kurdischen Städten kommt es trotz der Ausnahmesituation aufgrund des schweren Erdbebens in Wan zu immer größeren Protestbekundungen wegen des Massakers im Kazan-Tal bei Çelê. In Amed, Idîl, Şîrnex, Wan, Elîh, Suruç, Bîsmîl, Cizîre, Silopi, Serêkanî und vielen anderen Städten kam es zu Proteststreiks und Großdemonstrationen, die häufig zum Ziel von schweren Polizeiangriffen wurden. In Amed wurden bei einem solchen Angriff u.a. zwei ParlamentarierInnen der linken, prokurdischen BDP von Polizisten mit Schlagstöcken misshandelt.
Die HPG gab in einer Erklärung die Identitäten der Einheit, zu der der Kontakt verlorengegangen ist, bekannt. Von 31 Guerillakräften konnte die Identitäten ermittelt werden, von den vier übrigen werde man die Identitäten demnächst bekannt gegeben.
Quelle: ANF, 30.10.2011, ISKU