Presseerklärung des Ausländerbeirates der Stadt Fulda zum Artikel über den Migrationsbericht von Dr. Wingenfeld am 6.9.2010 in der FZ
Der Landkreis Fulda hat eine rückläufige Ausländerquote auch deshalb, weil durch die harte Vorgehensweise der Ausländerbehörde des Landkreises Fulda sich die Zugewanderten nicht gerade willkommen gefühlt haben. Ausländerbehörde der Stadt Fulda war bis zur Zusammenlegung sehr tolerant. Ausländer haben sich hier wohlgefühlt. Nach der Zusammenlegung der beiden Behörden im Landratsamt hat sich die Vorgehensweise des städtischen Amtes den harten Praktiken des Landkreises angeglichen. Beispiel: Wir können uns nicht vorstellen, dass jemand, der einer regulären Arbeit nachgeht, wegen eines fehlenden Identitätsnachweises eine Person bewusst in die Arbeitslosigkeit gedrängt wurde. Durch diese harte Maßnahme hat die Person psychosomatische Schäden bis hin zum Herzinfarkt erlitten. In einem anderen Fall verweigert die Führerscheinbehörde des Landkreises zwei erwachsenen Personen, deren Identität von einem Gericht zweifelsfrei bestätigt wurde und die seit über zehn Jahren ununterbrochen in Deutschland leben sowie einer geregelten Ausbildung nachgehen, die Zulassung zur Führerscheinprüfung und behindert so den beruflichen Erfolg.
Bei gleichartigen Entscheidungen von Verwaltungsgerichten verweigert der Landkreis Fulda als einziger die Ausstellung eines Staatenlosenpasses, was in Nachbarlandkreisen überhaupt kein Problem darstellte und den Personen sofort ein Pass ausgestellt wurde. Ebenso verhält es sich bei der Erteilung von Arbeitserlaubnissen. Beispiel: Einem Mann wurde eine Arbeitserlaubnis zwar erteilt, aber vor abzusehender Arbeitslosigkeit wurde diesem keine Erlaubnis für selbstständige Tätigkeiten gegeben, so dass eine kinderreiche Familie zum Sozialfall wurde. Einem in Arbeit stehenden Montagearbeiter wird der Staatenlosenpass oder ein entsprechendes Reisedokument entgegen gültigem Recht verweigert, so dass dieser nicht in der Schweiz, wie seine Firma geplant hatte, eingesetzt werden konnte. Daher verdient er nun weniger.
Dass Menschen nach solchen Maßnahmen in andere Landkreise fliehen, verwundert nicht. Ebenso wird durch solche oder ähnliche restriktive Maßnahmen die Zahl der ausländischen Arbeitslosen erhöht. Dies verschweigt Dr. Wingenfeld in seinem Migrationsbericht.
Merkwürdig ist, dass die Russlanddeutschen in anderen Statistiken wie bspw. in der Geburtenstatistik, als Deutsche geführt werden, in der Arbeitslosenstatistik aber als Ausländer.
In Orten mit hohem Anteil von Russlanddeutschen wie Gersfeld, Hünfeld oder Neuhof bilden sich leider Parallelgesellschaften, weil diese Bevölkerungsgruppe bei etlichen Aktivitäten (z. B. Disco-Besuche) des Öfteren diskriminiert wird. Hier müsste der Landkreis Integration, wie Wingenfeld in seinem Bericht ausdrücklich schreibt, als wechselseitigen Prozess begreifen und dementsprechend handeln.
Die ausländischen Mitbürger haben es im Landkreis Fulda keinesfalls einfach, für ihren Lebensunterhalt selbst aufzukommen. So kümmert sich beispielsweise das hiesige Zollamt mit Vorliebe um ausländische Betriebe und Mitarbeiter, um Schwarzarbeit aufzuspüren. Bei deutschen Betrieben, die nachweislich jahrelang in Fulda Schwarzarbeit fördern, lässt das Zollamt vergleichsweise die Zügel locker. Dies ist der Integration ebenfalls nicht dienlich und man kann Ausländer verstehen, die dann dem Landkreis oder der Stadt Fulda ade sagen.
Zu denken gibt, dass erst vor ein paar Tagen ein Migrationsbericht von 2009 veröffentlicht wurde. Liegt das etwa an der aktuellen Diskussion über Sarrazin? Wenn Politik über Jahre hinweg Integrationsbemühungen vernachlässigt hat, ist es kein Wunder, dass Leute wie Sarrazin öffentlichkeitswirksam und polemisch das Thema aufgreifen.