3 Jahre Beratung gegen Zwangsheirat - Presseerklärung
3 Jahre Beratung zum Schutz vor Zwangsheirat in NRW. Mädchenhaus veröffentlicht statistische Zahlen der drei Projektjahre: Es konnte bereits in 518 Fällen von Zwangsheirat beraten werden.
Im Auftrag und gefördert vom Land NRW werden von Bielefeld aus nrw-weit Mädchen und junge Frauen zum Thema Zwangsheirat beraten, informiert und erhalten bei Bedarf Schutz und Hilfeangebote.
Das Mädchenhaus Bielefeld e.V. zieht Resümee aus den ersten drei Jahren der Online-Beratung zum Schutz vor Zwangsheirat. 'Im Schnitt ist jeden 2. Tag ein neuer Fall im Mädchenhaus angekommen', erklärt Birgit Hoffmann, Geschäftsführerin des Mädchenhauses in Bielefeld. 'Das Beratungsangebot ist ressourcenorientiert. In vielen Fällen werden die Beratungen über einen langen Zeitraum geführt, um das Mädchen in seiner Entscheidung und Selbstbestimmung zu unterstützen und um eine Zwangheirat verhindern zu können', führt sie weiter aus. Besonders zu den Ferienzeiten müssen die Beraterinnen rasch handeln, wenn es um eine Verschleppung und Verheiratung der betroffenen Mädchen in die Herkunftsländer der Eltern geht.
Bei den ratsuchenden Mädchen handelt es sich um Betroffene, die verschiedenste Migrationshintergründe aufweisen, zumeist aber um die zweite beziehungsweise dritte Generation der Zuwanderer. Die Strategien, um eine Zwangsheirat durchzusetzen, reichen von sozialer Kontrolle, Verbot des Schulbesuchs, Einschränkung in der Selbstbestimmung über moralische Erpressung bis hin zu körperlicher Gewalt und Androhungen von Mord. Die Auswirkungen einer angedrohten bzw. Zwangsverheiratung können Ängste, Isolierung, Depressionen, Selbstverletzungen, Suizide und chronische psychosomatische Belastungserkrankungen sein.
Um Mädchen das Angebot bekannt zu machen, führen die Beraterinnen neben Öffentlichkeitsarbeit durch Plakate, Flyer und durch Bekanntheit bei Suchmaschinen im Internet auch jährlich 40 Schulveranstaltungen in NRW durch.
Der Vorteil des Beratungsangebotes liegt in seiner Anonymität und Niedrigschwelligkeit. Die Ratsuchenden können sich per E-Mail, Einzelchat oder Gruppenchat in einem geschützten Rahmen an die Online -Beratungsstelle wenden. Bei Bedarf besteht die Möglichkeit, sich auch telefonisch oder persönlich beraten zu lassen.
Die meisten Beratungen 93 % werden in deutscher Sprache geführt‚ da die Mädchen meist hier aufgewachsen sind und in Deutschland zur Schule gehen. Dennoch ist es für die Mädchen wichtig, dass die Beraterinnen aus ähnlichen Kulturen stammen und sich in die Situation besser einfühlen können. Die Homepage steht in sechs Sprachen zur Verfügung: deutsch, englisch, türkisch, kurdisch, albanisch und arabisch.
Neben der direkten Hilfe der Mädchen konnte die Online-Beratung als Fachstelle gegen Zwangsheirat viel bewegen. So informierten die Beraterinnen professionelle MultiplikatorInnen aus Jugendhilfe, Polizei, Schulen und Beratungsstellen über die Thematik, hielten landes- und bundesweit als Expertinnen Fachvorträge.
Die Anzahl der Fälle, in denen eine Zwangheirat verhindert werden konnte, ist statistisch schwerer nachzuvollziehen, weil sich nicht alle Mädchen bei den Beraterinnen zurückmelden, aber in vielen Fällen konnte bereits das Schlimmste verhindert werden. „Je früher sich die Mädchen an die Online-Beratung wenden, umso besser sind die Chancen für alle Beteiligten ohne Gesichtsverlust einen anderen Weg einschlagen zu können“, berichtet eine Beraterin.
Seit Beginn des Jahres 2010 führt das Mädchenhaus Bielefeld die Online-Beratung auch für das Bundesland Saarland durch.