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Erdogan in Deutschland wegen Kriegsverbrechen angezeigt
Vorwurf: Hinrichtungen und Folter durch türkisches Militär
Mehrere Künstler, Wissenschaftler und Politiker haben bei der Bundesanwaltschaft Strafanzeige gegen den türkischen Regierungschef Erdogan erstattet. Sie werfen ihm Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit an Kurden in der Türkei vor.
Deutsche Anwälte haben bei der Generalbundesanwaltschaft in Karlsruhe Strafanzeige gegen den türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan, Verteidigungsminister Vecdi Gönül, dessen Vorgänger Sabahattin Çakmakoglu und mehrere hohe Militärs gestellt. Sie machen sie für Kriegsverbrechen verantwortlich, die angeblich seit 2003 im Kurdenkonflikt in der Südosttürkei begangen worden sind. Erdogan hält sich derzeit zu einem Staatsbesuch in Deutschland auf.
Foltervorwürfe
Grundlage der Anzeige ist das deutsche Völkerstrafgesetzbuch (VStGB) von 2002. Demnach können militärische Vorgesetzte und verantwortliche Politiker wegen geächteter Kriegsverbrechen international belangt werden, auch wenn die Taten außerhalb Deutschlands begangen wurden.
Die Hamburger Anwälte Britta Eder und Heinz Jürgen Schneider vertreten darin Angehörige von Opfern und listen zehn exemplarische Fälle von Hinrichtungen, Tötung von Gefangenen, Folter und Chemiewaffeneinsatz gegen kurdische Rebellen auf. Die Anzeige stützt sich auf eigene Recherchen, die Auswertung türkischer Justizmaterialien und Berichte renommierter Menschenrechtsorganisationen.
MEDIATHEK
Verbrechen durch Augenzeugen belegt
Zu den Fällen gehört beispielsweise das Schicksal von Ugur und Ahmet Kaymaz, die am 21. November 2004 von türkischen Sicherheitskräften erschossen wurden. Vater und Sohn seien unbewaffnet gewesen und hätten vor ihrem Haus ihren Lastwagen entladen, als Polizisten das Feuer auf sie eröffneten. Die jüngeren Geschwister des damals zwölfjährigen Ugur hätten beobachtet, wie die Polizisten dessen Kopf nach unten gedrückt und dann geschossen hätten. Die Polizisten hätten angeblich nach Bewaffneten gesucht. Es handele sich um ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit gemäß § 7 Abs. 1 Nr.1 VStGB. Der Fall erregte damals in der Türkei großes Aufsehen. Die Polizisten wurden lediglich wegen Tötung in Überschreitung legitimer Notwehr angeklagt und freigesprochen.
Ein weiterer Fall beschreibt einen angeblichen Chemiewaffeneinsatz gegen kurdische Rebellen durch die türkische Armee zwischen dem 8. und 15. September 2009. Damals hätten türkische Soldaten chemische Kampfstoffe in eine Höhle in der Nähe der Stadt Çukurca in der südosttürkischen Provinz Hakkari eingeleitet. Neun kurdische Kombattanten seien getötet worden. Dies könne durch Augenzeugen und von Experten überprüfte Fotografien belegt werden.
Anzeige erstattet
Die Anzeige sieht dadurch den Verdacht begründet, dass ein Kriegsverbrechen nach § 12 Abs. 1 Nr. 2 VStGB vorliegt. Die Türkei ist Unterzeichnerstaat des Chemiewaffen-Übereinkommens (CWÜ), das den Einsatz von Giftgas verbietet.
Eingereicht wurde die Anzeige unter anderm auf Initiative der Menschenrechtsorganisation MAF-DAD, dem Verein für Demokratie und internationales Recht e.V., des Völkerrechtlers Professor Norman Paech, der Schriftstellerin Doris Gercke, der Ärtzin Gisela Penteker (Internationale Ärzte zur Verhütung des Atomkrieges) und des Bundestagsabgeordneten Harald Weinberg (Die Linke).